Osteopathische Behandlungen beim Pferd

Was ist Osteopathie?

Die Osteopathie bildet die Grundlage der so genannten alternativen Heilmethoden und dient als Unterstützung. Sie ist eine eigenständige „Medizin“ und einzigartig in ihrer Art zu denken und zu funktionieren. Entdeckt wurde sie von Dr. Andrew Taylor Still im 18. Jahrhundert und befindet sich heute noch immer in voller Entwicklung. Die Pferdeosteopathie ist die Anwendung der Prinzipien der Humanosteopathie am Pferd. Ihren Aufschwung hat die Pferdeosteopathie dem französischen Tierarzt Dr. Dominique Giniaux zu verdanken.

Es ist die wissenschaftliche Kenntnis von Anatomie und Physiologie, die durch die Hände einer geschickten Person Anwendung finden kann, um einem kranken oder verletzten Menschen/Tier zu helfen, der durch Anstrengung, Anspannung, Schock, Stürze, mechanische Störungen oder verschiedene Arten von Unfällen verletzt wurde.

Der Körper als Ganzes

Generell basiert die Osteopathie auf der Kunst des Palpierens und untersucht den Körper in seiner Gesamtheit. Ein Lebewesen zeichnet sich durch Bewegung aus. Durch das Gleichgewicht zwischen all diesen Bewegungen wird der Gesundheitszustand des Lebewesens definiert. Die Aufgabe besteht also darin, das gestörte Gleichgewicht auf allen funktionellen Ebenen wiederherzustellen, indem sie allen Geweben ihre Mobilität zurückgibt. 

Prinzipien der Osteopathie

Der intakte Zustand einer Struktur ist entscheidend für ihre korrekte Funktion – die Struktur bestimmt die Funktion. Ein Fahrrad mit einem verbogenen Rad kann nicht richtig rollen und keinesfalls seine volle Kapazität entfalten. Die Gelenke, die Organe und die Zellen können nur gut funktionieren, wenn die Flüssigkeitszufuhr, die sie versorgt und reinigt (Blut, Lymphe, Liquor) nicht eingeschränkt ist. Die Struktur bestimmt also die Funktion, die Funktion stimuliert den Fluss der Körperflüssigkeiten, die Flüssigkeiten versorgen das Organ und das Organ reguliert die Struktur.

Die verschiedenen Körperteile bilden ein Ganzes, eine physiologische Einheit. Alle Strukturen und Funktionen sind daher eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Dieses Prinzip reflektiert den „Holismus“ (Ganzheitlichkeit). Das bedeutet, dass die Summe der einzelnen Bereiche des Körpers kleiner ist als die, die den gesamten Körper repräsentiert. Der Körper besitzt die natürliche Kraft, das für ihn bestmögliche Gleichgewicht zu erhalten, indem er sich selbst reguliert. Bei guter Kondition und einem optimalen Blutkreislauf wird sich im Allgemeinen keine Krankheit einstellen. Tritt ein Problem oder Trauma auf, passt sich der Körper an und aktiviert all seine Kräfte um es zu beheben. Sind seine Anpassungsfähigkeit und seine Fähigkeit zur Selbstheilung überfordert, kann der Körper das Problem selbst nicht beheben und die Krankheit kommt zum Ausbruch. 

Durch die Behandlung von Beweglichkeitsverlusten aller Strukturen erreicht der Osteopath die Stimulation der Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte des Körpers. Nicht immer reicht dies aus, um alle Probleme auf einmal zu beheben, und es bedarf mehrerer Behandlungen und Kombinationen unterschiedlicher Therapien. 

Sucht die Läsion, findet sie, korrigiert sie und die Natur erledigt den Rest.

Ablauf einer osteopathischen Behandlung

Vor der osteopathischen Behandlung wird gemeinsam mit Ihnen eine genaue Anamnese aufgenommen. Danach wird das Pferd im Stand der Ruhe beurteilt – Gebäude, Stellung der Gliedmaßen, Beurteilung der Muskulatur und allgemeine Auffälligkeiten. Im Anschluss wird das Pferd in der Bewegung beurteilt, wenn notwendig auch unter dem Reiter. Wird eine Lahmheit festgestellt, kann diese direkt schulmedizinisch diagnostiziert und therapiert werden. Bei unklaren Lahmheiten oder Taktunreinheiten kann die Durchführung einer neurologischen Untersuchung sehr aufschlussreich sein, zum Beispiel, um das Vorhandensein einer möglichen neurologischen Komponente abzuklären.

Die Behandlung selbst findet, wenn möglich an einem ruhigen Platz bei Ihnen am Stall statt. Die Dauer der Behandlung liegt zwischen 1,5 bis 2 Stunden und wird von den Pferden als sehr angenehm empfunden und sehr gut toleriert. Ich empfehle eine Nachbehandlung individuell auf den einzelnen Patienten abgestimmt nach 10 bis 14 Tagen oder nach 3 bis 6 Wochen – abhängig von den erhobenen Befunden. Prophylaxe-Behandlungen empfehle ich alle 6 bis 8 Monate – bevor sich „Läsionen“ überhaupt erst einstellen und manifestieren. Bei angeborenen Fehlstellungen und chronischen Erkrankungen haben sich osteopathische Behandlungen im Abstand von 2-6 Monaten bewährt.

Wann ist eine osteopathische Behandlung sinnvoll?

Ursachen für Blockaden

  • Lahmheit – vorab durch Tierarzt abgeklärt
  • Gelenksprobleme und -schmerzen
  • Traumata, z.B. Unfälle, Stürze, Stolpern, Festliegen
  • Operationen in Vollnarkose (langes Liegen am OP Tisch, Aufhängen am Kran, Aufstehen)
  • Bewegungsmangel
  • Geburtsprobleme
  • Alter – Spätfolgen verschiedener Traumata
  • Haltungsanomalien
  • Gebäudemängel, Stellungsfehler
  • Vernachlässigte Hufpflege, nicht passende Eisen
  • Nicht passender Sattel
  • Blockaden des Reiters, die auf das Pferd übertragen werden

Rittigkeits-Probleme

  • reduzierte Leistungsfähigkeit
  • Unwilligkeit und/ oder Unrittigkeit
  • Taktfehler
  • Störung des Bewegungsablaufes
  • Steifigkeit in Stellung und Biegung
  • Verwerfen im Genick
  • „schwingt nicht über den Rücken“
  • Schiefe im Becken und/oder Schweifschiefhaltung
  • „Schleifen“ der Hinterhand
  • Probleme in der Versammlung 
  • Probleme in den Seitengängen
  • Probleme bei der Gewichtsaufnahme der Hinterhand
  • Probleme im Galopp – umspringen in Kreuzgalopp
  • Schwierigkeiten beim fliegenden Galoppwechsel, Pirouetten
  • Verweigern am Sprung
  • Steigen und/oder Buckeln

Allgemeine Symptomatiken

  • Verhaltensänderungen
  • Gesichtsausdruck – ängstlich, angespannt
  • Widersetzlichkeit beim Putzen
  • Schnappen beim Satteln
  • Widersetzlichkeit beim Angurten
  • Schwierigkeiten beim Hufe auskratzen
  • Schwierigkeiten Bein länger hoch zu halten beim Schmied
  • generelle Berührungsempfindlichkeit
  • Schweifschlagen
  • unsymmetrisches Schwitzen
  • übermäßiges Schwitzen – nach kurzer Zeit „klatschnass“

Selbstheilung anregen

Der Osteopath zwingt dem Organismus keine neue Funktionsweise auf, er gibt lediglich einen Impuls um den Selbstheilungsprozess zu stimulieren. Die osteopathische Behandlung besteht nicht aus einer symptomatischen Behandlung, die auf den Schmerz ausgerichtet ist – sondern aus einer Behandlung, die eine kausale Annäherung gewährleistet. Sie ermöglicht, die Bewegungseinschränkungen zu beheben und die Strukturen wieder anzupassen, um die gestörten Funktionen wiederherzustellen und den gestörten Strukturen ihre Mobilität wiederzugeben.

Wir dürfen nicht immer ein sofortiges Ergebnis erwarten, auch wenn dies durchaus passiert.